Bogenschiessen (traditionell)
Der Langbogen gehört natürlich genauso wie Messer, Schwert
und Axt zu einem richtigen Reenactment
des Mittelalters dazu. Nur haben und anschauen ist langweilig, also gilt es
auch hier die Fertigkeiten zu erwerben und zu verbessern.
Meinen ersten Bogen hat mir mein Vater aus einem jungen Laubbaum gebaut,
den er mit mir zusammen aus einem Dickicht geholt hat. Ich habe keine Ahnung
mehr, wie alt ich da war, aber es war eine Zeit in der ich noch regelmäßig
mit einer kurzen Lederhose rumgelaufen bin. Die Pfeile waren aus Schilf und
hatten Blunt-Spitzen aus Holunder. Später habe ich mir richtige
Pfeilspitzen aus Nägeln selbst geschmiedet und an Rundholz aus dem Baumarkt
montiert. So etwas wie ein Spinewert war mir noch völlig unbekannt.
Als der Bogensport dann immer technischer mit Visier und Kompensatoren
wurde, ging für mich der abenteuerliche Reiz verloren und wurde für mich
völlig uninteressant. Das Interesse erwachte erst wieder als immer mehr
traditionell und mittelalterlich geschossen wurde.
Den ersten Bogen meiner Tochter habe ich dann auch selbst gebaut. Ein
Ast einer Esche wollte unbedingt von einem Entsorgungsplatz für Schnittholz
aus dem Garten mitgenommen werden. Ursprünglich sollte daraus einmal
ein Nachbau eines Bogens der Plains-Indianer werden (Indianer waren zu der
Zeit bei Lynn total angesagt). Ich hatte eine überlieferte Anleitung,
bei der vom Rohling die Rinde entfernt wurde und der Stab mehrfach über Feuer
getrocknet und danach mit Fett eingerieben wurde.
Im Laufe der Bauphase von über einem Jahr (vom frischen Rohling bis
zum fertigen Bogen, mit entsprechenden Ruhezeiten) wurde dann doch eher
ein Wikingerbogen mit Pfeilauflage aus einem halben Kniegelenk einer Ziege
und einem Backing aus verleimter Hanfschnur an den Enden daraus. Dieser
Bogen hatte dann auch am Ende 28 lb. Irgendwann ist Lynn diesem
Bogen entwachsen, und er wurde im Sommer 2010 an den jüngsten Bruder
Malte weiter gegeben.
Mein erster Schritt zum Neueinstieg war zum Langbogen, aber ein ungarischer
Reiterbogen hatte auch einen starken Reiz. Die neueste Anschaffung ist ein
Jagdrecurve, der gewisse Vorteile bei 3D-Turnieren hat.... (Sammlung ???)
Folgende Bögen sind in der Reihenfolge der Anschaffung hinzu gekommen:
- Falcon II von Border Archery (70", 55lb, moderner
glasbelegter Langbogen mit Dacron-Sehne und Sehnendämpfer),
Klasse LBG (Langbogen, glasbelegt). Die Reichweite lag mit
Pfeilen aus 11/32 Zoll Oregon Pine und 5/16 Zoll Fichte bei
enttäuschenden 135m (± 5m). Als erstes werde ich mal wieder
die Sehnendämpfer abmachen.
- hornbelegter ungarischer Reiterbogen (53 1/2", 50lb, traditionelle
Bauweise, wahrscheinlich Grozer),
- Vazul (Bär) von Lajos Kassai (58 1/4", 66lb ungarischer
Reiterbogen, Modell 2005 noch in traditioneller Bauweise).
Der Vazul zieht sich trotz 66lb deutlich weicher als der
Viper mit seinen 60lb und ist auch deutlich langsamer.
Die Durchschlagskraft bei relativ nahen Zielen ist enorm -- hier merkt
man schon die 66lb --, aber der Vazul bringt den Pfeil nicht
auf Weite -- hier fehlt die Schnelligkeit --. Ein Test mit
den gleichen Holzpfeilen -- die ich beim Test mit dem Viper
verwendet habe -- erbrachte eine Reichweite von 175m und damit
weniger als beim Kodiak Hunter mit 50lb.
Seit 2006 gibt es eine gravierende Änderung des
Konzeptes bei Lajos Kassai. Er verwendet jetzt andere Pferderassen
für das Reiterbogenschiessen und ist jetzt der Auffassung, dass
nur die Verwendung moderner Materialien eine Leistungssteigerung
seiner Bögen bringen kann. Für mich war gerade der traditionelle
Ansatz sehr wichtig, da ich diesen Bogen -- als Replik des 10./11.
Jahrhunderts -- mittelalterlich mit gutem Gewissen und
entsprechender Begründung schiessen kann. (Das ist doch eindeutig
ein Beutestück von den letzten Einfällen der Awaren und Magyaren.)
- Vazul von Lajos Kassai (58 1/4", 35 lbs ungarischer
Reiterbogen, Modell 2005 noch in traditioneller Bauweise), der
zweite Bogen für Lynn
- klassischer Langbogen (Selfbow, primitive Bow) aus Esche von
Lindholm (Guido Rathke, 50 lbs). Diesen Bogen, ohne Schussfenster
über die Hand geschossen, zusammen mit Holzpfeilen mit gesägter
Nocke und handgeschmiedeten Spitzen kann man dann ganz authentisch
mittelalterlich (natürlich in passender Gewandung) schiessen.
Für den normalen Übungsbetrieb ist er zu empfindlich und zu
schade. Bevor man ihn ernsthaft fordern kann, muss er erst warm
geschossen werden, sonst riskiert man Bruch.
- Kinderbogen aus einem Stück Peddigrohr (58", 20 lbs) der erste Bogen
für Torben der hoffentlich Wichtel-sicher ist. Er ist
später an Malte weitergereicht worden.
- Viper, Modell 2008 von Henry Bodnik (68", 60lb).
Moderner Langbogen mit Wurfarmen aus Ahorn mit Laminat aus Eibe.
Da an den Enden Micarta verarbeitet worden ist, ist dieser Bogen
laut Aussage des Herstellers in der Klasse LBG einzustufen.
Der Bogen zieht sich sehr hart und ist dadurch sehr schnell.
Die getestete Wurfweite mit einem Holzpfeil liegt bei 195m, mit
Carbonpfeil mit 5 Zoll Federn und einer 65grs Spitze bei ca. 230m.
Bei Holzpfeilen war es bei gleichem Schaftgewicht, 5/16 Zoll
Durchmesser und einem exaktem Spinewert von 60 lbs, sowie 100grs
Spitzen, egal ob 5 Zoll oder 4 Zoll Federn mit oder ohne Drall verwendet
wurden, die maximale Entfernung lag zwischen 195m und knapp 200m.
- Bodnik Kodiak Hunter (Modell 2009 vom September 2008, Länge 60",
50lb, Standhöhe 8", sowie den gleiche Bogen in 35lb) traditioneller Jagdrecurve
mit einem Mittelteil aus
Nussbaum und Ahorn und glasbelegten Wurfarmen aus Ahorn. Das Modell
2009 hat einen stärker ausgearbeiteten Pistolengriff, als das Modell 2008, das
eher dem Griff des Viper ähnlich sieht. Der neue Griff liegt aber in
der Hand wie angewachsen. Der Bogen zieht sich auch sehr hart und ist
dadurch sehr schell. Erstaunlich war für mich, dass die Wurfweite mit ähnlichen
Holzpfeilen wie den anderen Tests (Spinewert 51 lbs, sonst gleich) durchaus bei
180m und damit nur ca. 15m weniger als beim 60 lbs Langbogen Viper und
5m weiter als beim 66 lbs Vazul lag.
- Bodnik Crow (Modell 2012, Länge 58", 30#28", Standhöhe 7")
hat Torben zu Weihnachten 2012 als 2. Bogen bekommen. Der Jagdrecurve hat
einen Mittelteil aus Nussbaum und Arme aus Ahorn und Schwarzglas.
Der 1. Bogen aus Peddigrohr ist an Malte weiter gereicht worden.
- Bodnik Hawk (Modell , Länge 60", 45#28", Standhöhe 8 1/4")
Mittelteil aus Nussbaum und Mycarta. Wurfarme aus Ahorn mit Olivenlaminat
und Schwarzglas.
Empfehlenswerte Parcours für das Bogenschiessen auf 3D-Ziele sind: